Becky Chambers
Zwischen zwei Sternen
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»Zwischen zwei Sternen« von Becky Chambers
Wir erinnern uns:
Nach dem letzten Einsatz des Raumschiffs Wayfarer, zog sich die künstliche Intelligenz Lovelace (sprich: der Bordcomputer) einen irreparablen Schaden zu. Die ganze Persönlichkeit, die schon fast als menschlich zu bezeichnen war, verschwand, nachdem Lovelace auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt werden musste. Nach dem Hochfahren des Bordcomputers mussten die Besatzungsmitglieder der Wayfarer erkennen, dass „ihre“ Lovelace nicht mehr existierte. Auch Lovelace selbst konnte sich an ihre frühere Existenz nicht mehr erinnern.
Folgerichtig wurde Lovelace in ein Body Kit (ein künstlicher / synthetischer Körer, der äußerlich von einem Menschen nicht zu unterscheiden ist) heruntergeladen. Zusammen mit einer alten Freundin der Wayfarer Besatzung, der Technikerin Pepper, verließ Lovelace das Schiff um fortan an der Seite von Pepper auf der Raumstation Port Coriol zu leben. Lovelace, die sich nun Sidra nennt, hat immense Probleme sich mit / in dem Body Kit zurecht zu finden. Ferner kommt noch hinzu, dass es als schweres Verbrechen gilt eine KI in einen quasi-menschlichen Köper herunterzuladen. Sollte das Geheimnis von Sidra bekannt werden, droht ihr die Vernichtung.
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Zwischen zwei Sternen (OT: A closed and common orbit) ist der zweite Band der Wayfarer Reihe und erst das zweite Buch überhaupt aus der Feder von Becky Chambers. Das vorliegende Buch schließt unmittelbar an Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten an. Allerdings muss man den Vorgängerband nicht unbedingt gelesen haben um der Geschichte folgen zu können, denn es werden so gut wie keinerlei Bezüge dazu hergestellt.
Nachdem mir der Vorgängerband so ungemein gut gefallen hat, waren meine Spannung und meine Vorfreude natürlich recht groß auf die Fortsetzung. Da mit Lovelace allerdings der ehemalige Bordcomputer im Vordergrund stand, und nicht mehr die von mir so sehr geschätzte Besatzung der Wayfarer, war ich gleichzeitig auch recht skeptisch. Eines wird jedoch nach den ersten Seiten ziemlich schnell klar: Wer ein spannendes Weltraumabenteuer erwartet oder eine Spaceopera wird enttäuscht werden. Das vorliegende Buch lebt fast ausschließlich von der Interaktion zwischen Sidra (Lovelace), Pepper, Blue und dem / der Außerirdischen Tak.
Eigentlich wäre das Grund genug um mich dezent zu langweilen, aber irgendwie will sich diese Langeweile dann doch nicht einstellen. Eher das Gegenteil ist der Fall. Vielleicht liegt es an der Schreibe von Becky Chambers, vielleicht aber auch an den unglaublich sympathischen vier Protagonisten, ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen. Eines steht jedoch fest, ich habe selten ein Buch gelesen, das zwischenmenschliche / außerirdische Beziehung so liebevoll und detailliert dargestellt hat. Es ist einfühlsam, ohne schwulstig zu wirken.
Wie schon im ersten Buch schafft es Becky Chambers wieder mit viel Gefühl und Verständis das Miteinander von Außerirdischen, Menschen und einer KI zu Papier zu bringen. Ohne Hektik, ohne Streß, ohne großes Trara – aber mit viel Liebe zum Detail. Die Probleme Sidras sich in ihrem Body Kit zurechtzufinden und zu versuchen als Mensch zu leben (schafft sie das nicht, würde sie früher oder später auffliegen), sind sehr gut und nachvollziehbar dargestellt. Es hat fast schon etwas „transgenderisches“ an sich, wenn Sidra versucht, sich in einem Körper zurecht zu finden, den sie nicht als den ihrern empfindet und in dem sie sich deshalb nicht wohl fühlt. Auch die Darstellung der außerirdischen Tak, die ihr Geschecht wechseln kann, ist wunderbar gelungen.
Ebenfalls war es ein guter Schachzug nicht nur Sidras Geschichte zu erzählen, sondern auch gleichzeitig die tragische von Pepper. Pepper auf ihrem Lebensweg an Bord eines abgewrackten Raumschiffs zu verfolgen, hat sogar noch mehr Spaß gemacht. Man erkennt warum es ihr so wichtig gewesen ist, Sidra bei sich aufzunehmen und für sie zu sorgen. Denn eines ist ihr klar, würde Sidras Geheimnis offenbar, würden auch sie und ihr Freund Blue bestraft werden. Warum also sollten beide für eine künstliche Intelligenz ihre Freiheit aufs Spiel setzen? Die Antwort erfährt man wenn man sich den Lebens- und Leidensweg von Pepper (und auch Blue) anschaut. Ihre Wandlung vom Kind hin zur jungen Erwachsenen, nur mit einem Bordcomputer als Gegenüber, war recht eindrucksvoll.
Ich empfinde den Inhalt dieses Buches, und auch seine Aussage, als zutiefst positiv und humanistisch. In all dem ganzen Invasionsgedümpel und reisserischen Kriegsabenteuern von Campbell, Weber, Hamilton, Sawyer und wie sie alle heißen, sticht Zwischen zwei Sternen wohltuend hervor. Schaut man sich die neuen Titel und die neuen Autoren bei all den Verlagen mal genau an, stellt man ziemlich schnell fest, dass in sehr vielen Büchern irgendwelche Kriege toben und sich die Menschen gegen Aliens behaupten müssen. Hier, auf Port Coriol und auch an Bord der Wayfarer, leben die Menschen statt dessen mit den Aliens in einer von gegenseitigem Respekt geprägten Atmosphäre. Man versteht sich und schlägt sich nicht die Köpfe ein.
Fazit
Genau wie Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten liebe ich dieses Buch. Es berührt mich und läßt mich nicht kalt. Es ist ein Buch, dass nicht am Ende des Jahres aus meinem Gedächtnis verschwunden sein wird (wie vermutlich die meisten anderen die ich bis dahin gelesen haben werde), sondern es wird länger in mir nachwirken. Ich mag seine Grundstimmung und auch die Tatsache, dass die Handlung oftmals einfach nur vor sich hinplätschert, ohne jedoch zu langweilen. Ich mag die Protagonisten und die Art zu schreiben von Becky Chambers. Für mich ist Zwischen zwei Sternen jetzt schon ein Lese-Highligt 2018. Ich kann es sehr empfehlen.