Joseph Fink/Jeffrey Cranor
Willkommen in Night Vale
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»Willkommen in Night Vale« von Joseph Fink/Jeffrey Cranor
Die 19-jährige Jackie arbeitet seit sie denken kann im Pfandhaus von Night Vale. Eines Tages kommt ein Mann mit einem Zettel in ihr Pfandhaus und Jackies Leben verändert sich von einem Moment auf den anderen. Den Mann vergisst sie sofort, das Papier ist dagegen in ihren Besitz übergegangen und lässt sich nicht zurückgeben. Auf dem Zettel stehen nur zwei Worte: King City. Verwirrt und frustriert versucht Jackie, mehr über den Zettel, den Mann und King City zu erfahren. Das ist jedoch in einer Stadt wie Night Vale, in der das Rathaus ein gefährlicher Ort und die Bibliothek mit den menschenfressenden Bibliothekaren ein noch gefährlicherer Ort ist, nicht gerade einfach.
Diane ist in einer Firma für die Pflege der Datenbank zuständig, bis auch sie den Mann trifft, an den sich keiner erinnern kann. Entschlossen, dem Geheimnis auf den Grund zu gehen, stellt sie Nachforschungen an. Gleichzeitig möchte ihr Sohn Josh seinen Vater Troy kennenlernen und versucht, ihn zu finden. Eigentlich hat Troy schon vor langer Zeit Night Vale verlassen, aber jetzt muss Diane erkennen, dass er wieder da ist – und das nicht nur einmal.
Auf der Suche nach der Wahrheit verbünden sich Jackie und Diane und machen sich auf den Weg, King City zu finden. Das erweist sich allerdings als schwieriger als sie ahnen, sind beide doch noch nie aus Night Vale herausgekommen.
Kommentar:
Ich habe mich mit diesem Buch sehr schwer getan. Einerseits ist es brilliant, andererseits anstrengend, manchmal habe ich laut gelacht, manchmal hätte ich es am liebsten in Stücke gerissen und manchmal war es einfach nur langweilig. Am Ende war ich froh, es durchgelesen zu haben und etwas anderes lesen zu können. Gleichzeitig ist mir die Stadt Night Vale mitsamt aller Eigenheiten, schrägen Bewohnern, Monstern und Geheimpolizei ans Herz gewachsen.
Die Geschichte ist merkwürdig, sehr skurill und war zumindest für mich anfangs komplett unverständlich. Es gibt allerdings einen Podcast mit Geschichten über Night Vale, mit inzwischen über 40 Episoden. Es kann daher sein, dass es Lesern, die diesen Podcast kennen, leichter fällt, der Handlung zu folgen. Ich hatte dagegen vor diesem Buch noch nie von Night Vale gehört. Hinzu kommt, dass es sehr viel Konzentration erfordert, das Buch zu lesen, da in jedem Satz sehr viele Informationen auftauchen, die zum größten Teil nebensächlich sind und mit der Handlung nichts zu tun haben. Vieles ist nicht so, wie es scheint, Dinge werden in Frage gestellt, Lebewesen verhalten sich anders, als wir es kennen. Goldfische fressen zum Beispiel Mäuse und sind laut. Dadurch wird der Lesefluss immer wieder unterbrochen, vieles wird erwähnt, das mit der Handlung überhaupt nichts zu tun hat, andere, zuerst für unwichtig erachtete Informationen sind für den Ausgang der Geschichte entscheidend. Durch diese ständigen Nebensächlichkeiten habe ich mehr als einmal den Überblick verloren und musste auch schon mal zurückblättern.
Die vielen Nebenhandlungen, die mehr Platz einnehmen als die eigentliche Geschichte, sorgen leider auch dafür, dass die eigentliche Handlung nicht wirklich in Schwung kommt. Die ganze Zeit habe ich darauf gewartet, dass sich die Handlung entwickelt, und obwohl die Geschichte durchaus mit viel Tempo geschrieben ist, empfand ich den eigentlichen Handlungsstrang um den mysteriösen Fremden und den Zettel als langweilig. Zeitweise musste ich mich zwingen, das Buch nicht zur Seite zu legen. Mir hätte es gefallen, wenn die Autoren sich weniger auf die Nebensächlichkeiten und mehr auf die eigentliche Geschichte konzentriert hätten.
Der Grund, warum mir persönlich das Buch nicht gefallen hat, ist der Sprachstil, den die Autoren gewählt haben. Es ist nicht so, dass die Autoren nicht schreiben könnten – das können sie –, sie haben sich aber bewusst für eine Sprache entschieden, mit der ich mich schwer tue. Ständige Wiederholungen von Wörtern und Beschreibungen von Selbstverständlichkeiten haben meine Geduld teilweise sehr strapaziert (Seite 11: „Über Engel wusste man nur wenig. Ein wenig wusste man.“ Seite 41: „Jackie bestellte einen Kaffee. Schließlich brachte man ihr den Kaffee. Da gab es eine Verbindung.“). Andere Leser werden vielleicht sagen, dass genau darin der Reiz des Buches liegt, aber ich hatte damit Probleme. An einigen Stellen übertreiben die Autoren, sodass die Sätze eher albern als lustig sind, andere Stellen sind dagegen scharfsinnig, das Spiel mit Worten und Gedanken funktioniert. Das sind die Momente, an denen mir das Buch wirklich gut gefallen hat.
Die Protagonisten sind durchweg sympathisch, nur Diane war eine eher anstrengende Person. Dianes Sohn Josh mit seinen typischen Teenager-Problemen und seiner speziellen Gabe hat mir dagegen sehr gut gefallen, ebenso wie Old Woman Josie und die Erikas, die bei ihr wohnen. Jede einzelne Person ist etwas besonderes und am Ende des Buches hatte ich das Gefühl, die Bewohner von Night Vale schon lange zu kennen und habe die Stadt lieb gewonnen. Ich werde mir sicherlich demnächst die Podcasts anhören, um weitere Geschichten aus Night Vale zu hören. Die Kapitel von Cecil, der Stimme von Night Vale, haben mir auch im Buch am besten gefallen.
Dieses Buch wird man entweder lieben oder frustriert in die Ecke werfen. Mich hat es leider nicht wirklich überzeugt, da die eigentliche Handlung nur schleppend vorankommt und ich mit dem Sprachstil Probleme hatte. Die Idee hinter dem Buch und die vielen witzigen oder schrägen Einfälle haben mir dagegen sehr gefallen. Ich gebe dem Buch 3 Sterne, weil eine schlechte Bewertung den Geschichten aus Night Vale nicht gerecht werden würde. Da es mir sprachlich nicht gefallen hat, kann ich aber auch keine 5 Sterne vergeben.
Fazit:
Wer skurille Bücher mag, sich nicht von irrwitzigen Einfällen und einem genauso schrägen Erzählstil abschrecken lässt, könnte dieses Buch lieben. Es wird aber sicherlich nicht jedem gefallen. So oder so sollte der geneigte Leser auf keinen Fall rosa Plastikflamingos berühren, er könnte in Night Vale stranden.