Ursula K. Le Guin Science-Fiction-Jubiläums-Edition
Die linke Hand der Dunkelheit
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»Die linke Hand der Dunkelheit« (Science-Fiction-Jubiläums-Edition) von Ursula K. Le Guin
Die linke Hand der Dunkelheit wurde 1969 veröffentlich, 1974 um ein Vorwort ergänzt und erscheint nun bei Heyne in einer Sonderreihe erneut. Die Geschichte ist zeitlos und immer noch sehr beeindruckend, man merkt ihr das Alter nicht an.
Nach einem verheerenden und langjährigen Krieg haben sich die Welten in einer Ökumene zusammen geschlossen. Sie vertritt die allgemeinen Interessen ihrer Mitglieder, koordiniert und unterstützt den Handel und das friedliche Zusammenleben der einzelnen Mitgliedsländer, mischt sich jedoch in politische Angelegenheiten ihrer Staaten nicht ein. Sie besteht aus mittlerweile 183 Mitgliedsstaaten, die in einer friedlichen Koexistenz miteinander leben.
Genly Ay kommt als Abgesandter auf den Planeten Gethen , um die Bewohner der neuen Welt davon zu überzeugen, der Ökumene beizutreten. Genly Ay ist ein sogenannter erster Mobiler, denn die Ökumene schickt zu Beginn einer Kontaktaufnahme nur jeweils einen Abgesandten auf einen neuen Planeten, um ihre friedlichen Absichten zu beweisen und zu untermauern. Dafür werden die Gesandten jahrelang ausgebildet, um für jede Situation gerüstet zu sein und sich überall anpassen zu können. Den Abgesandten ist es verboten, sich in die kulturelle und politische Entwicklung der Länder einzumischen und zu intervenieren.
Gethen, von den Menschen Winter genannt, ist ein Planet ewiger Kälte . Der Gesandte sieht sich einer völlig fremden Kultur gegenüber und die Bewohner des Planeten sind keine Menschen, wie wir sie kennen, sondern ein geschlechtliche Wesen. Nur während eines kurzen Zyklus entwickeln sie eine Sexualität und entscheiden sich für ein Geschlecht, um für Nachwuchs zu sorgen. Durch ihre androgyne Art sind die Motivationen der Menschen hier völlig anders als bei anderen Gesellschaften und sie sind völlig fremden, teils unverständlichen Gesetzen unterworfen. Die zwei größten Länder des Planeten haben sich völlig unterschiedliche entwickelt. Kahride wird von einem irren König regiert, Ortoga von sogenannten Commonsalen, ähnlich unseren Parteien.
Obwohl Gethen schon auf vielen Planeten als erster Mobiler eingesetzt war, steht er diesmal , durch die Fremdartigkeit des Charakters der Ghetenianer, vor einer nie dagewesenen Herausforderung, die ihn an seine eigenen Grenzen bringt.Ssowohl körperlich als auch seelisch.
Als er bei der einen Volksgruppe, den Kahriden, keinen Erfolg hat, wendet er sich an die Regierung von Orgoreyn, die er als aufgeschlossener erachtet. Dabei erkennt er nicht, dass er in Kahride schon längst einen Freund und Unterstützer gefunden hat, der ihm unauffällig Wege ebnet. Als Gethen in Ortoga in Gefangenschaft gerät, unternimmt Estraven alles, um Gethen zu befreien und zurück nach Karihde zu bringen. Doch das bedeutet tausende von Meilen durch eine unwirtliche Eiswüste.
Kommentar:
Normalerweise schreibe ich eine Rezension sofort nach dem Lesen des Buches, wenn die Eindrücke noch frisch sind. Doch über diese Geschichte habe ich länger nachdenken müssen. Entfernt man die SF Elemente , handelt diese einfühlsame und wunderbare Geschichte lediglich von zwei Menschen. Zwei Wesen, die einander ähnlich und doch total fremd sind. Zwei Menschen mit unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Ansichten, Lebensweisen und Ausdrucksformen. Genly Ay, geprägt durch seine Rolle als Mann in einer Gesellschaft, die stark durch die Geschlechter definiert wird. Und Estraven , der von einem Planeten stammt, auf dem alle Bewohner absolut gleich sind und die keine sexuelle Frustration, keine Kriege und kaum Aggressionen kennen.
Beide durchlaufen über Missverständnisse hinweg einen Prozess der Annäherung und Verständigung, bis hin zur Freundschaft. Dabei müssen sie alle Regeln und Konventionen über Bord werfen und einen gemeinsamen Nenner für das Überleben finden. Sie kämpfen in der unwirtlichen Eiswüste um das Überleben, sie sind aufeinander angewiesen. Aus Fremdheit entsteht Freundschaft und Vertrauen. Die Essenz der Geschichte hat mich stark an den Film enemy mine erinnert. Dort stranden zwei verfeindetet Wesen auf einem unwirtlichen Planeten, lernen sich kennen und akzeptieren.
Das Vorwort, dass 1974 von der Autorin hinzugefügt wurde, sollte nicht überlesen werden, denn hier beschreibt sie sehr genau, was sie zu der Geschichte veranlasst hat.
Fazit:
Eine beeindruckende und berührende Geschichte , die einen nicht mehr los lässt. Das nenne ich anspruchsvolle und gehobene SF Literatur! Ich hoffe, Heyne setzt diese Reihe weiter fort und bringt den Lesern teilweise schon fast vergessene aber begnadete SF Autoren nahe.