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Guy N. Boothby

Das Experiment des Doctor Nikola


 
»Das Experiment des Doctor Nikola« von Guy N. Boothby


Besprochen von:
 
Carsten Kuhr
Deine Wertung:
(2.5)

 
 
Doctor Nikolai, seines Zeichens genialer Wissenschaftler, charismatischer Bonvivant und skrupelloser Gentleman-Verbrecher in einer Person ist auf seiner fast manisch zu nennenden Suche nach dem Geheimnis immerwährender Jugend einen großen Schritt weiter gekommen. Zwar war seine Expedition in den Himalaya von Fährnissen und Gefahren gepflastert, wurde der Diebstahl des Geheimnisses der Unsterblichkeit von dem tibetanischen Orden entdeckt, doch ihm gelang letztlich die Flucht in zivilisiertere Gefilde der Welt. Verfolgt von chinesischen Assassinen geht es nun darum, das unrechtmäßig erworbene Wissen in die Praxis umzusetzen.

Für diesen Zweck hat er sich im kargen, unwirtlichen Norden der Englischen Insel ein heruntergekommenes Anwesen an der Küste zugelegt.Hier, fernab der Zivilisation und neugieriger Augen, dabei aber immer noch nahe genug, um alles Benötigte schnell herbeischaffen zu können, versucht er sein Wissen am lebenden Versuchsobjekt zu erproben.

Schon mehrmals erlitt er Fehlschläge, starben seine Probanden aufgrund nachlässiger Pflichterfüllung seiner wissenschaftlichen Helfer. Ganz allein aber kann er die wochenlange Prozedur doch nicht schultern. Um so erfreulicher, dass ihm ein gemeinsamer Bekannter einen ehemaligen Mitstudenten vorstellt, dem das Schicksal nicht sonderlich zugetan war.

Douglas Ingleby hatte einst eine strahlende Karriere als Chirurg vor sich. Letztlich falsche Entscheidungen und schlichtes Pech aber sorgten dafür, dass der Mediziner, nach London zurückgekehrt, am Hungertuch nagt. Da kommt ihm das Angebot Doctor Nikolas sehr zupass. Schon auf der Fahrt gen Norden lernt er auf dem Dampfer nicht nur den Patienten, einen Achtundneunzig-jährigen und dessen bezaubernde Urenkelin kennen, sondern macht auch die Bekanntschaft eines Chinesen mit nur noch einem halben linken Ohr, der Nikola Böses will. Auf der halb verfallenen Burg angekommen, machen sich die beiden Mediziner dann voller Tatendrang daran, der greisen Mann seine Jugend zurückzugeben. Doch neben dem Auftragsmörder scheint es auch das Schicksal nicht gut mit dem Versuch, Gott zu spielen zu meinen …


Standen die ersten beiden Nikola Romane ganz im Zeichen des exotischen Abenteuers, berichteten uns von fernen Gegenden, unbekannten Kulturen und uralten Geheimnissen, so verlagerte der Autor im dritten seine fünf Romane um den begnadeten Serienschurken Doctor Nikola die Handlung heim ins Englische Mutterland.

Statt den fernen Kolonien in New South Wales und dem majestätischen Panorama des Himalaya also Englische Tristesse – so könnte man glauben.

Sicherlich, der vorliegend das erste Mal überhaupt ins Deutsche übertragene Roman lässt die exotischen Handlungsorte ein wenig vermissen. Ersetzt hat der Autor dies aber durch eine weitere differenzierte Ausarbeitung seines Protagonisten Doctor Nikola.

Wie schon bislang lässt er seinen begnadeten Wissenschaftler und Abenteurer nicht etwa selbst von sich erzählen, sondern bedient sich eines Außenstehenden, um seine Figur zu beleuchten.
Immer wieder muss sich Ingelby mit der boshaften Fratze, die Nikola an den Tag legt, wenn Andere seinem großen Ziel im Wege stehen, auseinandersetzen. Gleichzeitig aber verhält sich der reiche und exzentrische Forscher nie wirklich ungerecht, wendet auf Andere nur dieselben Maßstäbe an, die er auch bei sich selbst ansetzt. Seine übernatürlichen Gaben werden sehr dosiert eingesetzt, die entsprechenden Szenen fügen sich stimmig in den Text ein.

Überraschend wird deutlich, und das ist Bemerkenswert, dass Nikola letztlich ein tragischer Charakter ist, der getrieben von seinem Forschungsgeist vereinsamt und allein ist, sich nach Nähe sehnt, gleichzeitig aber gerade die so begehrte Freundschaft anderer Menschen nicht akzeptieren kann. Dass uns dies zwischen den Zeilen vermittelt wird, dass sich hier das Bild einer einsamen Kreatur auftut, die von ihrer eigenen Manie getrieben wird, war für mich eine der großen Überraschungen des Buches.

Dass er letztlich in seinem Versuch sich zu gottähnlicher Macht über das Leben aufzuschwingen - zunächst zumindest - scheitert, passt hier nur ins Bild des tragischen Helden, der vorliegend für seine Verhältnisse gegenüber seinem Assistenten erstaunlich mitfühlend und verständnisvoll reagiert.

Neben dem Roman selbst hat der Herausgeber dem Band noch eine in Ägypten angesiedelte phantastische Kurzgeschichte beigegeben, die den Band, der äußerlich wieder von einem zum Inhalt passenden und atmosphärisch stimmigen Titelbild ausgestattet wurde, abschließt.
 


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