Vonda N. McIntyre
Das Lied von Mond und Sonne
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»Das Lied von Mond und Sonne« von Vonda N. McIntyre
Marie ist gerade erst aus Martinique an den Hof Ludwigs XIV gekommen . Da sie mittellos ist, hat sie sich als Hofdame dem Haushalt von Madame und Monsieur angeschlossen. Anders als die jungen Damen bei Hof, interessiert sich Marie für die Wissenschaften und hat ihrem Bruder Yves auch schon bei dem sezieren kleinerer Tiere geholfen. Sie kennt keine Etikette und entscheidet nur nach dem Herzen, ob sie jemandem mag oder nicht. Berechnendes Kalkül ist ihr fremd. Das macht sie zu einer Ausnahmeerscheinung bei Hof und durch ihre offene Art erweckt sie schon bald das Interesse des Königs.
Ihr Bruder wird im Auftrag Ludwigs auf eine Mission geschickt. Er soll eines der legendären Meeresungeheuer fangen, da der König sich durch den Verzehr eines solchen Dämons ewiges Leben verspricht. Da, wo andere scheiterten, ist Yves erfolgreich. E kommt mit einem lebenden und einem toten Exemplar zurück nach Frankreich. Das lebende Ungeheuer wird in die Obhut von Marie gegeben, deren weiches Herz sofort Mitleid mit der geschundenen Kreatur empfindet. Und je mehr Zeit Marie mit dem Wesen verbringt, umso mehr spürt sie, dass dieses Wesen den Menschen nicht unähnlich ist. Sie kommunizieren in der Sprache der Musik und Marie findet durch ihr musikalisches Talent bald Zugang zu dieser Sprache. Sherezad, wie die junge Frau die Mermaid nennt, erzählt ihr vom Schicksal ihres Volkes und von ihrer Vernichtung durch die Kirche, die sie als Teufel verdammen. Marie versucht alles, um Ludwig davon zu überzeugen, dass Sherezad ein fühlendes und denkendes Wesen ist und nicht gefangen , geschweige denn verzehrt werden darf. Hilfe erhält sie dabei lediglich von Lucien, der rechten Hand des Königs. Alle anderen bei Hofe halten sie für überspannt und verwirrt. Sogar ihr Bruder wendet sich zunächst von ihr ab. Bis Sherezad Marie etwas erzählt, dass nur das Meerwesen wissen kann und das Yves in Bedrängnis bringt.
Kommentar:
Bei diesem historischen Fantasyroman handelt es sich um eine Neuauflage eines Romans von Vonda McIntrye aus den neunziger Jahren . Damals erschien dieses Buch unter dem Titel: Am Hof des Sonnenkönigs. Sowohl das wunderschön gestaltete Cover als auch die Inhaltsangabe haben mich sehr angesprochen. Und ich kannte die Autorin schon als Schöpferin diverser Star Trek Romane.
Ein Fantasyroman der am Hof des Sonnenkönigs spielt klingt interessant. Leider ertrinkt der Roman in einer Fülle von Details. Die Hälfte der Geschichte besteht nur aus den Beschreibungen höfischer Zeremonien, in denen die Damen in Hofknickse versinken und die Edlen ihre Kratzfüße darbieten. Die Bekleidung der Adeligen wird ausführlichst und akribisch beschrieben, ebenso ihre turmhohen und extravaganten Frisuren. Doch diese Akribie macht den Roman auch sehr authentisch. Man sieht förmlich, wie die Damen in Begleitung ihrer Herren und Zofen durch die edlen Gärten schreiten. Hoheitsvoll und arrogant, den Pöbel und das Elend stets ignorierend. Marie ist anders. Aufgewachsen auf einer Sklavenplantage, zusammen mit ihrem Bruder und den Sklavenkindern, kennt sie keinen Standesdünkel. Durch ihre offene, naive und herzliche Art, durch ihr Talent zur Musik und Wissenschaft, erweckt sie sowohl Neid als auch Hochachtung. Gefangen in Konventionen, ist es ihr nicht erlaubt, sich aktiv den Wissenschaften zu widmen. So assistiert sie ihrem Bruder und erwirbt dabei Kenntnisse, die sich einer Frau der damaligen Zeit nicht ziemen. Doch auch Chatres, der Sohn von Monsieur, liebt die Wissenschaft und auch er darf dieser Neigung nicht nachgegen. Es schickt t sich nicht für junge Adlige, sich mit so profanen Dingen wie Wissenschaft zu befassen.
Die französischen Fachbegriffe zeugen von einer intensiven Recherche und guten Kenntnissen der Epoche Ludwig IVX. Auch wenn die Geschichte manchmal zu sehr in Details versink, ist sie sehr fesselnd und rührend. Man leidet mit Marie, fühlt sich, wie sie, eingeengt und nicht ernst genommen. Wir öffnen unser Herz den Erzählungen Sherezads und hoffen, dass sie ihre Freiheit erlangt. Wir erleben, wie Lucien von dem Wesen Maries immer mehr gefesselt wird. Er, ein Zwerg und Leidender öffnet sein Herz gegen seinen Willen, so wie wir Leser. Die Mühe, sich durch die sehr zahlreichen Seiten an Nebensächlichkeiten zu kämpfen, lohnt sich, denn darin enthalten ist eine Perle an Geschichte, die den Leser gefangen nimmt und in seinen Bann zieht.
Auch den Konflikt zwischen Aberglaube, Wissenschaft und Kirche stellt die Autorin sehr glaubhaft und geschickt dar. Ludwig förderte Künste und Wissenschaften war aber auch verantwortlich für die Flucht vieler Hugenotten sowie für einen Disput mit dem Vatikan. All dies wird hier angesprochen, jedoch nur oberflächlich behandelt. Die märchenhafte Geschichte von Maie, Lucien und Sherezad hat Vorrang, wird nur zart umhüllt mit historischen Tatsachen, die der Geschichte einen Anschein von Glaubwürdigkeit verleihen. Ein sehr geschickter Schachzug der Autorin.
Fazit:
Eine wunderschöne, romantische Geschichte über Freundschaft, Liebe und Verrat, die das Herz eines jeden Lesers berührt.