Wunderlich, Monika Dunkle Stunden 1
Tod eines Satanisten
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»Tod eines Satanisten« (Dunkle Stunden 1) von Wunderlich, Monika
Für einen Herausgeber sind Kurzgeschichtensammlungen immer ein Wagnis: werden die Leser es mögen? Werden sie nicht lieber zu einem Roman greifen?
Kommt noch hinzu, dass es sich hierbei um eine Phantastik Anthologie handelt, die weitestgehenden Freiraum für die Autoren bietet, wird es noch riskanter. Großverlage gehen da auf Nummer sicher, wenn sie beispielsweise zu Halloween oder Weihnachten ihre themenbezogenen Sammlungen herausbringen.
Den Gipfel der Wagnis ist es aber, fast ausschließlich (noch) unbekannte deutsch schreibende Autoren zu verpflichten. Kein englischsprachiger Schriftsteller fungiert als Zugpferd, kein deutscher Bestseller Autor ist dabei.
Mit Mut zum Risiko hat Monika Wunderlich eine Anthologie zeitgenössischer Phantastik-Geschichten herausgegeben. Diesen Mut bewundert man, rechnet doch so mancher Profi der Verlagsszene schon gar nicht mehr mit neuen deutschen Phantastik Talenten. Doch das Gegenteil steckt in dieser Beweisführung! Frische Ideen in zwei Bänden, modern erzählt und mit Sinn für Atmosphäre und Detail.
Schon der Einband kann gefallen: ein in Rot und Schwarz gehaltenes Cover in guter Qualität. Stellt man beide Bände nebeneinander, so ergibt sich ein gemeinsames Bild. Eine sehr nette Idee. Den einzelnen Geschichten sind dabei Kurzbiographien der jeweiligen Autoren vorangestellt, so dass der Leser bei Bedarf eine breite Informationsquelle nutzen kann.
Die Thematiken der Geschichten reichen von eher SF-artige Parallelwelten, über unheimliche Erzählungen bis hin zu einer grotesk blutigen Weihnachtsgeschichte. Einzelne Namen ragen mit ihren Geschichten heraus, das soll hier nicht verschwiegen werden. So beweist Malte S. Sembten sein einzigartiges Talent für skurile Situationen, indem er in „Kinderbescherung“ einen falschen Weihnachtsmann in ein wild gewordenes Kinderheim schickt. Auch Eddie M. Angerhubers Geschichte „Krallenspuren“ spielt im Winter. Hier weisen die Spuren im Schnee auf einen grausamen Mord hin. Andreas Grubers Geschichte „Aus den Memoiren der tollpatschigen Familie Banulescu“ ist dagegen ein rein sozialkritischer Text. Mit bitterböser SF-Satire schreckt (im positiven Sinn) uns hingegen Frank W. Haubold. Seine stark von Pink Floyd beeinflusste Story „Welcome to the machine“ zeigt die Unmenschlichkeit einer Gesellschaft, die sich nicht nur auf das Auswerten von medizinischen Untersuchungsergebnissen beschränkt. Antje Ippensens „Federn“ ist eine ästhetisch gelungene Auseinandersetzung mit tief sitzenden Persönlichkeitsproblemen.
Jedoch lassen sich nicht alle Geschichten der Phantastik zuordnen. Manch eine Geschichte fällt selbst aus dem weitgesteckten Rahmen heraus und bietet Nachdenkliches oder Heiteres. Auch soll nicht verschwiegen werden, dass die Qualität des Schreibstils doch stark von Geschichte zu Geschichte schwankt. Oftmals wird ein interessanter Inhalt nur mit wenig aussagekräftigen Bildern umschrieben und daher nicht erlebbar dargestellt. Aber viele andere Stories machen die Bände lesenswert - nicht nur für die Freunde von unheimlicher Phantastik (Horror) oder SF. Auch an allgemeiner Belletristik interessierte Leser werden ihre Perlen entdecken können.
Meine Wertung: 7 von 10 Sternen.