Mitte des 21. Jahrhundert hat die Menschheit die gravierendsten Klimakatastrophen überstanden. Stabilität kehrt ein, und die Erforschung des Weltraums wird wieder aufgenommen. Doch dann geschieht etwas ungeheuerliches: unsere Sonne verschwindet. Die Solarzellen der Raumschiffe werden nutzlos, die Temperaturen sinken rapide, die Erde driftet aus ihrer Umlaufbahn. Das Ende der Menschheit ist nahe, als eine internationale Gruppe aus Wissenschaftlern und Astronauten herausfindet, dass sich eine außerirdische Macht namens Galaxias der Sonne bemächtigt hat.
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Wow, dachte ich mir beim lesen des Klappentextes, das klingt ja mächtig spannend. Die Sonne verschwindet einfach so aus unserem Sonnensystem. Wie soll das denn funktionieren? Was allerdings auf den ersten Blick wie eine durchaus interessante und spannende Geschichte klang, hat sich dann leider doch als ein, nun, ich will nicht gerade Langeweiler schreiben, aber es geht in die Richtung, entpuppt. Die ersten Seiten und Kapitel hatten es durchaus in sich und schienen das zu halten, was ich mir von dem Buch versprochen hatte. Nur, als die Sonne dann wieder auftauchte, mündete die ganze Geschichte in eine endlose Abfolge verschiedenster Treffen, Meetings und internationaler Diskussionsrunden, welche genau das Ergebnis zeitigten, welches wir aus der heutigen Zeit bei solchen Anlässen sowieso schon kennen: nämlich keines.
Immer wieder die gleichen Protagonisten reden über immer wieder die gleichen Begebenheiten, ohne auch nur ansatzweise zu einem wirklichen Ergebnis zu gelangen. Und irgendwann war es nur noch ermüdend, selbst für mich, der ja bekannterweise ein Freund der Bücher von Stephen Baxter ist. Die Geheimniskrämerei der Chinesen, die, obwohl die Geschichte lediglich rund 34 Jahre in der Zukunft spielt, mit einer Technik aufwarten die es ihnen ermöglicht, den Planeten Merkur in eine sich selbst verzehrende Industrieanlage zu transformieren, wirkte doch recht unglaubwürdig. Da waren die etwas bodenständigeren Aktivitäten der Amerikaner, mit einem bemannten Raumschiff unser Sonnensystem zu verlassen und so Galaxias den ausgestreckten Mittelfinger zu zeigen, doch realistischer.
Das, was mich an der Geschichte jedoch positiv beeindruckt hat, war das Aufzeigen der Folgen die dieser „Sonnenentzug“ nicht nur für unsere Erde, sondern für das gesamte Sonnensystem hat. Es ist nicht nur damit getan zu sagen: „Huch, die Sonne ist weg, jetzt wird es dunkel und kalt“, sondern Baxter schildert hier für mich wirklich eindrücklich, was es genau bedeutet, wenn der Stern, der unser ganzes Sonnensystem zusammenhält, mal eben einfach so (und sei es auch nur für einen Tag) verschwindet. Viele Folgen sind offensichtlich, selbst für mich als Laien, andere jedoch nicht ganz so klar – und diese zeigt Baxter auf. Hier hat jemand wirklich seine Hausaufgaben gemacht will ich meinen und was das betrifft, hat mir das Buch recht gut gefallen.
Nur hat das leider nicht gereicht, um die Geschichte wirklich interessant zu machen. Dazu ist der Rest einfach zu zäh geschrieben. Die Sonne taucht nach rund einem Tag wieder auf und das auf dem Mond gefundene außerirdische Artefakt ist, nun ja, kaum der Rede wert. Es ist da und das war es dann auch schon, das muss reichen. Alles, was im Laufe der Geschichte an Mutmaßungen über die außerirdische Intelligenz namens Galaxias kundgetan wird, klingt einfach nur an den Haaren herbeigezogen. Es hört sich zwar alles irgendwie interessant und geheimnisvoll an, ist es aber schlussendlich nicht wirklich, da alles viel zu nebulös und spekulativ bleibt. Das man nur aufgrund solch vager Vermutungen solche ambitionierten Projekte startet, wie es die Chinesen und Amerikaner gemacht haben, ist schon recht mutig. Sehr enttäuschend dann auch das Ende.
**Spoiler**
**Spoiler Ende**
Auch mit den Protagonisten wurde ich nicht richtig warm. Die Dreiergruppe, die hier im Vordergrund steht und sich selbst „Die Insiderdwitze“ nennt, sind zwar durchaus sympathisch, interagieren jedoch immer wieder nach dem gleichen Motto: reden, reden, reden, much ado about nothing. Mehr oder weniger sind alle immer von der gleichen Konstellation von Menschen umgeben. Als ob die ganze Welt nur aus sieben Leuten besteht. Die Reibereien zwischen Wu Zhi und seiner Mutter, der Versuch aller Protagonisten diese beiden Leute gegeneinander aufzuspielen (indem man sie zusammenbringt) ist ermüdend. Die Beziehungskisten sind aufgebläht und tragen überhaupt nichts relevantes zu der Story bei. Auch die immer wieder eingeworfenen Auswirkungen unserer momentanen Klimakrise, die in 30 Jahren zwar nicht mehr akut ist - deren Auswirkungen aber nun mal da sind, bringen keine neuen Erkenntnisse. Die Gletscher sind geschmolzen, die Küsten unter Wasser, Amerika hat sich durch diese Ereignisse in zwei unterschiedliche Staatsgebilde zersplittert, all das kennen wir bereits aus anderen Büchern.
Fazit
So oft hatte ich den Eindruck, man hätte einfach mehr aus allem herausholen können – aus den Insiderwitzen, aus der Geschichte und vor allen Dingen aus Galaxias. Das ist ja fast so, als wenn heutzutage ein ARD Reporterteam vor einem brennenden Supermarkt stehen würde, in dem zwei feindliche Gruppierungen mit Flammen- und Raketenwerfern einen Kleinkrieg führen, eine Hundertschaft von berittener Polizei mit Schlagstöcken dazwischengeht um den anrückenden drei Feuerwehrzügen eine Gasse freizukämpfen, und der ARD Reporter vor Ort, der direkt vor diesem Drama steht, statt darüber zu berichten, lieber eine 85jährige Oma interviewt und von ihr wissen will, was sie davon hält das die Butter 11 Cent teurer geworden ist.
Ich mag Baxters Geschichten, aber hier tue ich mich wirklich schwer. Kann man lesen, muss man aber nicht.